Aus dem südlichen Bereich des Dachstuhls machten sich immer wieder ungewöhnliche Geräusche bemerkbar, es dauerte auch nicht mehr lange bis sich außen auf dem Dach eine deutliche Neigung bemerkbar machte. Bei einer kurzfristigen Begehung zusammen mit einem erfahrenen Statiker aus Schwerin wurde festgestellt, dass die Pfosten die den gesamten südliche Dachstuhl abstützen auf einem quasi nicht mehr vorhandenem Balken lasteten. Der Balken war von einem Berg herab gestürztem Lehm verdeckt und somit auf den ersten Blick nicht sichtbar. Durch die jahrlange Durchfeuchtung war das Holz in diesem Bereich so stark verfault das man selbst durch die mehr als 30cm dicken Träger mit dem Finger durchstechen konnte. Der Dachstuhl hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits um mehr als 10 Zentimeter abgesenkt.
Die gesamte Konstruktion wurde sofort vollständig abgestützt und entlastet. Nach dem Freilegen der Deckenbalken wurde das gesamte Ausmaß der Beschädigungen sichtbar: Nicht wie erhofft zwei, sondern vier Deckenträger waren zu mehr als 60 % morsch und austauschreif. Der richtige Weg wäre an dieser Stelle gewesen den gesamten Balken freizulegen und gegen einen neuen auszutauschen. In einem denkmalgeschützten Haus geht es allerdings nicht um den richtigen Weg, sondern den folgenden:
1. Regel: Größtmögliche Erhaltung von Originalsubstanz
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies: Der Träger wird angelascht, d.h. der bestehende Balken wird gesund geschnitten und dann mit einem neuen Balken verbunden. Das Anlaschen ist eine gängige Methode bei der Sanierung von alten Häusern und Dachstühlen die allerdings dann nicht mehr angewandt wird, wenn wie hier zu wenig von der originalen Substanz erhalten ist. Das Anlaschen war deshalb deutlich teurer und aufwendiger als der Tausch des gesamten Balkens...
Nach dem Einbau der neuen Deckenträger wurde der Rest der Decke gemäß historischem Vorbild wieder hergestellt. Dazu wurde das Prinzip des Fehlbodens genutzt, auch bekannt als Einschubdecke. Der Fehlboden ist ein bewährtes Verfahren um in Holz-Deckenkonstruktionen einen wirksamen Schallschutz zu erreichen, er besteht aus loser Holzschalung die auf Lagerleisten zwischen den Deckenträgern liegt. Auf diese Holzschalung und in den Zwischenraum wurde dann eine Schüttung eingebracht, die früher oft aus Schlacke oder Schuttresten bestand. Im Bahnhof wurde dies in Form von Lehmziegeln ausgeführt. Durch die Wasserschäden wurde ein großer Teil der vorhanden Lehmziegel beschädigt/aufgelöst. Nach längerer Suche fand sich jedoch in der Nähe von Sternberg ein Abrisshaus aus der gleichen Epoch, dass ebenfalls Lehmziegel in der Zwischendecke hatte und die der Besitzer gerne abgegeben hat. Die Zwischenräume wurden wieder mit Lehmziegeln aufgefüllt, den Abschluss bildeten eine Lage neue Holzdielen.